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Die schönste Kunst: ein Mensch zu seyn
Lieder aus der Zeit der Deutschen Aufklärung von Scholtze,
Herbing, Kunzen, Görner, Telemann, Gräfe, Schmügel u.a.
Martin Hummel, Bariton
Glen Wilson, Cembalo
Glen Wilson, Cembalo
Musicaphon M56897
„Mit vorliegender
CD habe ich habe versucht, die Befindlichkeit des Menschen zur Zeit der
deutschen Aufklärung (1720-1780) anhand der mir einsehbaren Liedersammlungen
aufzuspüren.
In dieser
Zeit des erwachenden Bürgertums, in der
viele Menschen noch nicht lesen und schreiben konnten, versuchten
Dichter und Musiker in der kleinen Form des Liedes, den Geist der Zeit
einzufangen und auf dessen Ideale hinzuweisen. Freiheit statt Absolutismus,
Gleichheit statt Ständeordnung, wissenschaftliche Erkenntnis statt Vorurteil
und Aberglaube, Toleranz statt Dogmatismus – so lauteten die Ideen dieser neuen
Zeit, die mit Optimismus vom gebildeten Bürgertum und dessen Studenten
eingefordert wurden. Johann Christoph Gottsched verlangte von den
zeitgenössischen Dichtern, Erzieher der Leserschaft im Sinne der Aufklärung zu
sein. So verwundert es nicht, dass in diesen Liedern die Belehrung der
Zeitgenossen im Vordergrund steht.
Geschieht
das in der Mehrzahl der Gedichte im moralisierenden Tonfall, habe ich bei
meiner Auswahl oft Stücke berücksichtigt, die mit Ironie und Augenzwinkern menschliche Unzulänglichkeiten
aufdecken. Verschiedene Typen der Gesellschaft werden karikiert oder humorvoll an den Pranger gestellt. Das
neu erwachende Selbstbewusstsein der Frauen, die an den deutschen Universitäten
Einzug hielten, regt zum Spottlied an.
Die eingerissene Sprachschludrigkeit im Niederdeutschen, die nicht
zwischen er-soffen und ver-soffen unterscheiden will, wird ebenso aufs Korn
genommen, wie die Missstände im Literaturbetrieb, wo geistiges Eigentum zum
eigenen Vorteil geraubt wird und der Kampf zwischen den Alten (Hagedorn) und
Neuen (Klopstock) ausgetragen wird . Wer den Unfehlbarkeitsanspruch des
Meisters – der ja gelegentlich noch heute an diversen Hochschulen anzutreffen
ist – hinterfragt wissen will, wird genauso bedient, wie derjenige, der sich
nach dem schnellsten Weg zur großen
Karriere in der Gesellschaft erkundigt; die immer wieder gültige Antwort: Seyd
dumm und reich!“ (Martin Hummel)